Renovierung und Erweiterung der Chororgel in St. Petri Buxtehude

Das Konzept

Von der Idee zur Umsetzung

In der Kirche St. Petri zu Buxtehude baute die Orgelbauwerkstatt Hillebrand (Altwarmbüchen) 1974/75 eine Chororgel. Das Gehäuse der Orgel stammt aus der Werkstatt von Paul Ott (Göttingen). Ursprünglich diente in den Jahren 1949 bis 1974 das Gehäuse als Rückpositiv der Huß/Schnitger-Orgel in Ss. Cosmae et Damiani zu Stade. Da das Ott-Gehäuse für die Restaurierung der Huß/Schnitger-Orgel nicht wiederzuverwenden war, konnte es als Chororgel in der St. Petri-Kirche eine gute und optisch in den Raum passende Verwendung finden.

In St. Petri Buxtehude stellte Arp Schnitger 1701 ein großes Instrument fertig, welches leider bei dem Turmbrand 1853 vollständig zerstört wurde.

Organisten und Orgelliebhaber schätzen den wunderbaren Klang und die Möglichkeiten der frühromantischen Furtwängler Orgel von 1859. Dennoch wird oft die Frage gestellt: "wie mag die Schnitger Orgel in diesem herrlichen Kirchenraum geklungen haben?"

2006 fand OBM Rowan West, der eine Nachrestaurierung der Furtwängler Orgel vorgenommen hatte, 25 Pfeifen, die einwandfrei Arp Schnitger zugeordnet werden konnten. Rowan West erzählt gerne, in welch aufgeregter Freude Kantor, Pastor, er selbst und viele Orgelliebhaber diesen Fund zur Kenntnis genommen haben.

Bis auf diese 25 Pfeifen ist die Schnitger Orgel verloren. Die schöne und solide gebaut Orgel von Hillebrand in dem sehr schönen Gehäuse im Stile Arp Schnitgers bedarf nun der Renovierung und Erweiterung.

Geplant war, dieses Instrument grundsätzlich zu erhalten. Es sollte gereinigt und neu intoniert werden. Einzelne Teile (z.B. Lederpulpeten) sollten  erneuert werden. Einige der Trompetenpfeifen waren abgeknickt und drohten, auf das weitere Pfeifenwerk zu stürzen.

Die Disposition der Hillebrand Orgel von 1974 in dem Gehäuse von Paul Ott enthielt folgende Register:

Principal 8' | Gedeckt 8' | Octave 4' | Quinte 2 2/3 | Gemshorn 2' | Mixtur IV | Trompete 8'

Ein Manual, angehängtes Pedal, Tremulant

Der Disposition fehlte zumindest ein eigenständiges Pedalregister, das der Orgel zu einem guten Fundament und mehr Gravität verhelfen sollte

Daher wurde für die Erweiterung ein Subbass 16' für das Pedal angedacht.

Um Chöre, Instrumentalisten oder Solisten begleiten zu können, fehlet der Disposition ebenfalls eine Flöte 4' - das (schöne) Gedacktregister war mitunter sehr leise, der Principal dann wieder recht kräftig. Die Idee einer Flöte 4' als weiteres Manualregister schien schwierig umzusetzen, da das Gehäuse zu wenig Platz bot.

OBM Rowan West hatte im Januar 2017 ein überzeugendes Konzept für eine Erweiterung vorgelegt.

Dieses sah  den Bau eines Subbass 16' und auch einer Flöte 4' vor. Der Platz, der auf einer zusätzlichen Windlade hinter dem Prospekt entstehen sollte,  würde für 2 weitere Register ausreichen: eine Posaune 16' im Pedal und eine Sesquialtera im Manual.

Zusätzlich sah das Konzept vor, ein 2. Manual einzubauen.

Die Orgel würde sich damit von 7 auf insgesamt 11 Register erweitern, incl. 2 eigenständiger Pedalregister.

Die Besonderheit würde darüber hinaus eine geschickte und ausgeklügelte mechanische Technik sein, die aus den dann vorhandenen 11 Registern dann 18 Register macht. Durch das Prinzip der Wechselschleife und der Transmission können einzelne Register dem jeweils anderen Manual zugeordnet bzw. einzelne Register angekoppelt werden.

Im Januar 2019 konnte der Auftrag an die Orgelbaufirma Rowan West vergeben werden.

Von den notwendigen € 156.000 waren zu diesem Zeitpunkt durch viele musikbegeisterte Menschen aus Buxtehude, dem Umland und weit darüber hinaus etwa 82% gesichert.

Im Juli 2020 hatte der Kirchenvorstand der St. Petri Gemeinde das Konzept einer 2. Erweiterung beschlossen!

Zu Ostern 2020 wurden wir mit einer überaus freudigen Nachricht überrascht:
ein orgelbegeisterte Person hat uns gleich ein ganzes Register geschenkt:
eine Vox Humana 8'!
Dieses Zungenregister wird die Farbpalette der Chororgel enorm bereichern und die Möglichkeiten noch einmal erweitern.

Außerdem hatten  wir uns nach weiteren Überlegungen entschieden, einen eigenständigen Octavbass 8' im Pedal zu bauen.
Aus diesen Planungen hat uns Rowan West das Konzept einer 2. Erweiterung vorgeschlagen, das nun auch 2 Extensionen vorsieht, um den Octavbass 8' zur Octave 4' zu erweitern und die Posaune 16' zur Trompete 8'.
Die alte Mixtur wird durch eine neue Mixtur ersetzt und schließlich wird auch ein neuer Motor eingebaut.

Die Disposition wird nach der 2. Erweiterung wie folgt aussehen:

Hauptwerk

Quintadena 16'


Principal 8'

Gedeckt 8'

Octave 4'

Spitzflöte 4'

Nasat 3'

Gemshorn 2'

Sesquialtera II

Mixtur IV

Trompete 8'

Positiv
Gedeckt 8' (Transmission)

Octave 4 (Wechselschleife)

Spitzflöte 4' (Transmission)

Nasat 3'  (Wechselschleife)

Gemshorn 2' (Wechselschleife)

Sesquialtera (Wechselschleife)

Vox humana 8'

Pedal

Subbass 16'

Posaune 16'

Octavbass 8'

Octave 4' (Erweiterung aus Octavbass 8')

Trompete 8' (Erweiterung aus Posaune 16')

Manualkoppel als Schiebekoppel
Pedalkoppel I/P
Tremulant auf das ganze Werk wirkend

Im April 2021 wurde zudem noch ein Cymbelstern beauftragt.

Außerdem soll die Orgel eine einheitliche Farbfassung erhalten.

Damit nimmt Rowan West den Stil der Orgel, der bereits durch das Gehäuse und das vorhandene Pfeifenmaterial vorhanden ist, auf. In Anlehnung an den norddeutschen Orgelbau des Barock soll diese Orgel erweitert werden. Das Gehäuse bleibt erhalten. Die Vorderansicht der Orgel wird sich lediglich durch den Einbau des 2. Manuals verändern.

Mit dieser Erweiterung werden sich die musikalischen Möglichkeiten in St. Petri enorm erweitern:

Auf der Chororgel wird die norddeutsche barocke Literatur darstellbar sein - das ist auf der Furtwängler Orgel in ihrer frühromantischen Konzeption nicht befriedigend möglich. Es wird möglich sein, die Orgel im Orchester einzusetzen: bei Oratorien, Kantaten oder als Orgel für Werke mit Chor und Orgel allein. Solisten und Instrumentalisten können mit einem breiten Repertoire begleitet werden - die historische Furtwängler Orgel ist dafür mit der Tonhöhe von a' = 450 Hz nicht immer geeignet.

Abbau und Verlust der Chororgel

Am 5.+6. Juli 2021 wurde die Chororgel in der St. Petri Kirche abgebaut und am 7.Juli 2021 in die Werkstatt von Rowan West nach Altenahr gebracht.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zerstörte die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal die Werkstatt von Rowan West und auch die darin befindliche Chororgel von Buxtehude.

Die Mitarbeiter der Werkstatt haben die Katastrophe überlebt. Rowan West ist nach der Flut nach Nassau/Lahn gezogen, wo er 2018 eine Orgel neu gebaut hatte.

Von dort aus hat er mit befreundeten Orgelbauern, mit denen er z.T. seit Jahren zusammen gearbeitet oder sie auch selbst ausgebildet hatte, die Arbeiten wieder aufgenommen.

Nach einer Neuaufstellung der Planung und nachdem die Ausweichwerkstätten frei waren, wurde die Arbeit wieder aufgenommen.

Die Einweihung der Chororgel war zunächst auf den 24./25. Juni 2023 terminiert und musste noch einmal auf den 23./24. September 2023 verschoben werden.

Am 17.5.2023 verstarb Rowan West.

Während der Klärung der Rechtsfragen musste die Weiterarbeit ruhen. Die Chororgel von Buxtehude wird nun als letztes Instrument der West GmbH durch die freien Mitarbeiter im Sinne von Rowan West fertiggestellt und 2024 eingeweiht werden.

Die gesamte Renovierung und Erweiterung wird ca. € 225.000  kosten.
Helfen Sie mit, die noch fehlenden € 12.000 zu decken!

Wir freuen uns über jede kleine und große Spende und über die weitere Übernahme von Pfeifenpatenschaften.

Bild: Martin Elsen